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Der preußische Schießstand im Aaper Wald (Düsseldorf)

Online-Beiträge zur Geschichte und Archäologie 3 (2015)

Der Aaper Wald ist Teil des Düsseldorfer Stadtwaldes und liegt im Nordosten des heutigen Stadtgebiets. Er wird im Westen vom Düsseldorfer Stadtteil Rath, im Norden von der Stadtgrenze zwischen Düsseldorf und Ratingen, im Osten vom Stadtgebiet Knittkuhl und im Süden auf Höhe der Fahneburgstraße und Kastanienallee vom Grafenberger Wald, der Düsseldorfer Pferderennbahn und damit von Düsseldorf-Ludenberg eingegrenzt. Von Westen führt der Schießstandweg durch den Wald auf ein Plateau nördlich der Galopprennbahn, das von Wanderern, Radfahrern und Reitern als Naherholungsgebiet genutzt wird. Der Name stammt von einem preußischen Militärstand aus dem 19. Jahrhundert, der heute fast vollständig durch den Wald überwuchert ist. Vereinzelt lassen sich tiefe Mauer- und Betonelemente, Gruben, Wälle und andere Auffälligkeiten im Gelände erkennen (Fotos). Auf einer alten Düsseldorfer Karte von 1920 (?) ist die Einrichtung relativ vollständig verzeichnet, aber eine Rekonstruktion auf Basis des heutigen Zustands bereitet einige Schwierigkeiten.

In den Gräben übten die Soldaten des in Düsseldorf stationierten preußischen Regiments (Füsilierregiment 39, ein Infanterieverband der Preußischen Armee) zwischen 1877 und 1910 den Umgang mit der Waffe. Seit Ende des Deutschen Krieges von 1866 war das gesamte Regiment in Düsseldorf stationiert. Viele Gebäude der ab 1898 neu bezogenen Kaserne an der Tannenstraße in Düsseldorf-Derendorf stehen noch heute. Generell kann die Stadt Düsseldorf auf eine lange Tradition als Garnisonsstadt zurückblicken, die seit der Stationierung des niederrheinischen Füsilierregiments ab 1866 eine gewisse Wiederbelebung erfuhr. Die 600-jährige Befestigungsgeschichte konzentrierte sich in der lokalen Forschung bisher weitgehend auf einen massiven Befestigungsring in der Innenstadt, der im Laufe der Jahrhunderte mehrfach verstärkt wurde und das alte Stadtgebiet umschloss. Die umfangreichsten Umbau- und Ausbauarbeiten fanden im 16. und 17. Jahrhundert statt. Es sind vor allem Gräben, Mauern und Wälle (Ravelins, Kontergarden etc.) aus dieser Zeit, die ihre Spuren im Boden hinterlassen haben und im Zuge der U-Bahn-Arbeiten seit 2010 rund um den Kö-Bogen sowie die Wehrhahn-Linie neue Erkenntnisse zu Tage gefördert haben. Städtische Archäologen stießen dabei auf wertvolle Fundstücke (Münzen, Eisen, Kachel-, Keramik- und Tonpfeifenfragmente, Schwarzpulvergranaten u.a.m.) sowie auf bisher unerforschte Reste der militärischen Verteidigungsanlagen der ehemaligen Residenz- und Festungsstadt.

Die Errichtung eines neuen Schießstands der preußischen Armee auf der Hochebene des Aaper Walds bei Rath geht offenbar einher mit der technischen Entwicklung durchschlagskräftger Handfeuerwaffen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Festung in der Altstadt hatte ihre Bedeutung zu dieser Zeit längst verloren und war durch die expandierende Stadt bereits weitgehend überbaut. Durch das städtische Wachstum seit der Mitte der 1850er Jahre mit einer stark zunehmenden Bevölkerungszahl, der Ansiedlung von Industriebetrieben im Stadtbereich und einem hohen Handelsvolumen wurde Düsseldorf zu einem wichtigen Wirtschaftszentrum in der Rheinprovinz sowie 1873 zum Amtssitz des Landeshauptmannes der Rheinprovinz. Diese Entwicklung verschaffte der Stadt auch eine zunehmende militärische Bedeutung.

Im Dezember 1874 wurde mit der Erschließung des Waldgeländes durch die preußische Armee begonnen 1). Mitte Februar 1877 wurden die 12 parallel angelegten Schießbahnen in Betrieb genommen. Die hohen Erdwälle sollten vor Querschlägern schützen und das Militärareal von den umliegenden Höfen abgrenzen. Die parallel in Nord-Süd-Richtung laufenden Schießbahnen, die durch einzelne Erschließungsstraßen verbunden wurden, dienten der Ausbildung von Gefechtstruppen (Salvenfeuer) und Einzelschützen auf kürzere Entfernungen im Liegen und Knien. Geübt werden konnten Angriffsformationen und Zielgenauigkeit.

Die Länge der Bahnen variierte zwischen 30 und 150 m, ihre Breite zwischen 4,50 und 24,50 m. Kugelschutzwälle unterschiedlicher Höhe wurden am jeweiligen Kopfende errichtet. 1910 wurde das Schießtraining auf die Golzheimer Heide verlagert, die aufgrund ihrer damaligen Weitläufigkeit mehr Raum bot. Im Zweiten Weltkrieg reaktivierte die Wehrmacht das Übungsgelände nochmals und nutzte die Anlage teilweise als Munitionsdepot. Die Munitionsbunker sind heute allerdings fast vollständig zerstört 1). Nach 1945 legten die Engländer weiter nördlich einen neuen Schießstand an, aber die Düsseldorfer Polizei und die Forstverwaltung nutzten das Schießgelände und damals vorhandene Gebäude noch bis in die Jahre nach 1950. Der Düsseldorfer Archäologe Peter Schulenberg legte im Rahmen einer Grabungskampagne seit 1999 die Überreste des ehemaligen Offizierhauses frei, das zum Schluss als Wohnung für die Forstarbeiter im Aaper Wald genutzt wurde. 1960 wurde das Gebäude, das nach den Forschungen Schulenbergs im südlichen Teil eine Länge von 8 m aufwies, abgerissen. Unvermörtelte Ziegelpflasterungen verweisen auf einen ehemals genutzten Vorplatz. Etwas abseits der Feldwege finden sich auch heute noch einige Erdwälle, die als Kugelfänge fungierten, sowie Reste der betonierten Vorrichtungen für die Fundamente (siehe Fotos). Bisher ist kein erhaltener preußischer Infanterie-Schießstand dieser Art aus dem Rheinland bekannt, was dem alten preußischen Militärübungsplatz zweifellos den Status eines Bodendenkmals verschaffen darf.

Literatur:
1) Peter Schulenberg: Der preußische Schießstand im Aaper Wald, in: Archäologie im Rheinland 2005, hg. von Jürgen Kunow, 2006, S. 149-151.
2) Ders., Der preußische Schießstand im Aaper Wald - eine
Bestandsaufnahme, in: Düsseldorfer Jahrbuch 76 (2006), S. 291-305.
3) Angela Everts: Wo die Preußen Krieg übten, in: Westdeutsche Zeitung Ausgabe Düsseldorf vom 05.04.2014.

Bilder:
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland (1).
Stefan Hirschmann, 2015 (5).

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